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Franz Grillparzer

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Aufführung

„Das goldene Vließ“
im Schauspiel Essen

Premiere 20. Jänner 2007 (Wiederaufnahme Spielzeit 2008/09)

Medea, so ist es allgemein bekannt, tötet am Ende ihre Kinder. Medea, das ist die aus Eifersucht rasende Mutter, die sich zur Bestie verwandelt. Doch Medeas Tat ist nicht zu verstehen ohne Jason, den stolzen Griechen, den Medea liebt: Ihm hat sie in ihrer fernen Heimat Kolchis geholfen das sagenumwobene goldene Vließ zu rauben, mit ihm ist sie um die halbe Welt geflohen und mit ihm sitzt sie nun als Fremde in Korinth, wo er sie als Barbarin schmäht und eine andere liebt.

Franz Grillparzer erzählt in seiner Trilogie nicht nur das Ende der Geschichte von Jason und Medea, sondern das ganze Drama von Anfang an: als eine Tragödie aus Leidenschaft und als ein Gleichnis über Fremdheit und Humanität. Roger Vontobel inszeniert Grillparzers Trilogie in einer Fassung für einen Abend auf der Hinterbühne des Grillo Theaters.

Aietes, König von Kolchis Günter Franzmeier

Medea, seine Tochter Barbara Hirt

Absyrtus, Sohn von Aietes Sebastian König

Gora, Medeas Amme Jutta Wachowiak

Jason, Anführer der Argonauten Guntram Brattia

Milo, sein Gefährte Christoph Finger

Kreon, König von Korinth Günter Franzmeier

Kreusa, seine Tochter Anja Boche

Regie Roger Vontobel

Bühne Claudia Rohner

Kostüme Dagmar Fabisch

Video Dirk Hermeyer

Pressestimmen

Kultura extra 25.01.2007

Ein in schöne Sprache verpacktes Drama, das einen antiken Mythos zu einer zeitlosen und vieldeutigen Betrachtung über das Menschliche macht, eine kluge Dramaturgie, die diesen Brocken sinnvoll auf das Thema "Fremdsein" eingrenzt, eine inspirierte Regie, die wunderbar ergreifende, komische, anrührende und auch erklärende Szenen erfindet und ein Schauspieler/innen-Ensemble, das diese Szenen aufs Schönste zum Leben erweckt. Es gibt sie selten diese Kombination. Roger Vontobel, seinem Dramaturgen Thomas Laue und den Schauspielern des Grillo Theaters ist eine solche, und damit ein großartiger Theaterabend gelungen. [...] Sebastian König, der seiner kleinen Rolle Absyrtus ein klares Profil abgewinnt. Jutta Wachowiak, die herrschende Dienerin Gora, mit schöner Diktion und steter Präsenz. Barbara Hirt, neu im Ensemble, gibt einen guten Einstand in der schwierigen Rolle Medea. Christoph Finger als Milo, kratzt am Grotesken, füllt die Bühne. Anja Boche, die Kreusa als Luxusblondchen spielt, ohne die Figur durch Überzeichnung oder Plattheit zu denunzieren, immer überzeugend und authentisch, bisweilen fantastisch. Und Günter Franzmeier, beide Könige spielend, den einen zwischen Aggression, Hinterlist und nackter Furcht, den anderen, von ähnlichen Motiven geleitet, aber durch Wohlstand und Macht geschützt, gönnerhaft und selbstbewusst bis zur Arroganz – von einer Feinheit der Nuancen, die beiden Figuren Würde verleiht. Auf gleicher Höhe Guntram Brattia als Jason, der die Tugenden und Abgründe der Männlichkeit facettenreich darzustellen weiß. Und wenn die beiden eine gemeinsame Szene haben, dann weht der Odem großer Theaterkunst. Zum Niederknien! [...] Der Besuch der Vorstellung wird unbedingt empfohlen!

Sven Lange

NRZ 22.01.2007

Roger Vontobel richtet im Essener Grillo Theater Grillparzers „Goldenes Vließ“ überzeugend für die Gegenwart ein. [...] Damit die Zuschauer nicht Zuschauer bleiben, setzt Vontobel sie direkt auf die Bühne und ins Geschehen. Gespielt und geschaut wird also hinter dem geschlossenen Eisernen Vorhang. Besucher werden zu Zeugen und Richtern, werden zum Volk von Korinth, das entscheidet, wer hier Recht haben und kriegen könnte. Mittendrin statt nur dabei. [...] Vontobel und sein Team präsentieren eine geschickt gestraffte, sehr sehenswerte Version. [...]

Vontobels „Vließ“ ist eine Parabel übers Fremdsein [...] Und es ist eine Parabel von Liebe und von Leidenschaft, die glaubt, Grenzen überwinden zu können, kopflos.

Durch alle Höhen und Tiefen getragen wird die Inszenierung mit Bravour von Guntram Brattia, dessen Jason unverwundbar und äußerst verletzlich, und Barbara Hirt, deren Medea zart, liebevoll, brutal und hasserfüllt zugleich zu sein scheint. [...] Langer, verdienter Applaus für die beiden und das gesamte Ensemble.

Christof Wolf

WAZ 23.01.2007

Roger Vontobel hat in Essen „Das Goldene Vliess“ unglaublich jung und innovativ inszeniert. Er hat das Stück auf zweieinhalb Stunden zusammengestrichen und sich ihm radikal, aber faszinierend genähert.

[Roger Vontobels] „Goldenes Vliess“ hat viele Facetten, und in seinen besten Momenten ist es entweder streng und klar oder sehr poetisch. Das liegt vor allem an der 26-jährigen Barbara Hirt, die der Medea energische Zartheit gibt. [...] Es ist ein sehr junges Theater, das Vontobel macht, nicht nur wegen der Schauspieler, sondern auch wegen der Perspektive. Er zerstört keine Texte, daran liegt ihm offenbar gar nichts, im Gegenteil lässt er fast nur das Original sprechen. [...] Dieser Umgang mit dem Original hat neue Souveränität.

Gudrun Norbisrath

Westfälischer Anzeiger 24.01.2007

In der Geschichte der Medea, jener sagenhaften Gestalt aus der griechischen Mythologie, deren Schicksal von Euripides bis Christa Wolf viele Deutungen erfuhr, steckt mindestens dies: Flüchtlingsdrama und Lovestory, Kriegsgeschichte, Vater-Tochter-Konflikt und zuletzt Scheidungstragödie. Vontobel, Hausregisseur am Schauspielhaus Hamburg, deutet all diese Aspekte an, zeigt mögliche heutige Bezüge, ohne sich festzulegen. In seiner spannungs- und deutungsgeladenen Inszenierung verknüpft er geschickt die Zeit-Ebenen. [...] Im Bann der Geschichte, die Vontobel mit Gespür für die Psychologie der Figuren fast wie ein Kammerspiel inszeniert, vergehen die drei Stunden unbemerkt. Jeder einzelne Darsteller hat seine Figur so verinnerlicht und spielt sie so intensiv, dass die etwas manirierte Sprache Grillparzers nach Umgangston klingt. Ganz nah ran will Vontobel - und platziert das Publikum fast wie im Amphitheater um die Bühne (Claudia Rohner) herum.

Karin Pinetzki

on ruhr 22.01.2007

Eine frische Sichtweise auf den alten Mythos von Jason und Medea fand bei der Premiere am Schauspiel Essen am Sonntag viel Beifall. [...] Betörend und faszinierend die Kunst Barbara Hirts, die sowohl festen, im Selbst verwurzelten Töne der Zauberkundigen zu finden wie die tastend suchenden, sich anschmiegenden der Frau im Exil, der Ehefrau. Ihr zur Seite Guntram Brattia, ein menschlich gestalteter Krieger auf der Suche nach seiner Bestimmung, nach einem heimatlichen Platz, in Blicken und Sprachduktus an Bruno Ganz erinnernd. Beides hervorragende Schauspieler, die mit Innensicht ihre Figuren spielen.

Hubert Kels

Bonner General-Anzeiger 23.01.2007

Eindrücklich erzählt Regisseur Roger Vontobel vom prekären Wartezustand von Flüchtlingen, die zwischen Erinnerungen an bessere Zeiten und nervenaufreibender Gegenwart zerrieben werden. [...] Auch wenn hier eher Mythos light gespielt wird, bleibt die Inszenierung wegen ihrer emotionalen Dichte sehenswert.

Hans-Christoph Zimmermann

(Quelle: Web-Site des Schauspiels Essen)