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Aufführung
„Das goldene Vließ“
im Burgtheater
Premiere 23. Jänner 2004
Der Mythos von Medea und Jason ist eine der gewalttätigsten Liebesgeschichten des Welttheaters. Jason, der Grieche, kommt mit den Argonauten in Medeas Heimat Kolchis, um das sagenhafte goldene Widderfell wiederzuerlangen, für das Medeas Vater Aietes den Griechen Phryxus ermordet hat. Aus Liebe zu Jason hilft Medea ihm, das goldene Vließ wieder nach Griechenland zu bringen, und nimmt dabei den Tod ihres Bruders und ihres Vaters in Kauf. In Jasons Heimat Jolkos fordert dieser von seinem Onkel Pelias den Thron. Als Pelias unter rätselhaften Umständen stirbt, wird Jason mit seiner „barbarischen“ Gattin, die man für den Tod des Herrschers verantwortlich macht, des Landes verwiesen. In Korinth, wo das doppelt heimatlose Paar um Asyl ansucht, zeigt sich König Kreon geneigt, Jason und dessen zwei Söhne aufzunehmen und ihm seine Tochter Kreusa zur Frau zu geben. Medea aber soll das Land baldmöglichst verlassen.

An diesem Punkt setzen fast alle Medea-Dramen der Weltliteratur ein. Ob Medea in ihnen als abschreckendes Beispiel der rachsüchtigen, unbeherrschten „Wilden“ oder als gedemütigte Mutter erscheint, immer liegt das Hauptaugenmerk auf dem unauslöschlich mit ihrem Namen verbundenen Mord an ihren Kindern. In seiner Trilogie „Das goldene Vließ“ hat Franz Grillparzer den Bogen weiter zu spannen versucht.
„Das, worauf es bei dem goldenen Vließ ankömmt, ist wohl dieses: Kann das Vließ selbst als ein sinnliches Zeichen des Wünschenswerten, des mit Begierde Gesuchten, mit Unrecht Erworbenen gelten?“
Begehren, Besitz und Unrecht verbinden sich bei ihm auf den Ebenen der Politik, der Geschichte, des Körpers, der Liebe zu einem unauflösbaren Zusammenhang.
„Was ist die Signatur von Grillparzers Leben? – sich selber nicht besitzen“, notiert Hugo von Hofmannsthal in den Entwürfen zu einem Grillparzer-Vortrag. „Das goldene Vließ“ ist die Tragödie der Enteignungen, der Heimatlosigkeit, der Kolonisation des Selbst, es ist „die Geschichte einer Seele im Kampf um ihr eigenes Bestehen“ (Heinz Politzer) unter den Bedingungen der Auflösung alles Sozialen.

Aietes, König von Kolchis Michael König
Medea, seine Tochter Birgit Minichmayr
Gora, Medeens Amme Mareike Sedl
Peritta Dorothea Trappel
Phryxus, Grieche Daniel Jesch
Kolcher / Bote Paul Wolff-Plottegg
Absyrtus Denis Petkovic
Jason, Führer der Argonauten Michael Maertens
Milo, sein Freund Urs Hefti
Kreon, König von Korinth Johannes Terne
Kreusa, seine Tochter Sabine Haupt

Regie Stephan Kimmig
Bühne Katja Haß
Kostüme Heide Kastler
Musik Wolfgang Siuda
Licht Friedrich Rom
Choreographie Daniela Mühlbauer
Dramaturgie Sebastian Huber
(Quelle: Burgtheater-Web-Site)